Hilfe, ich bin die Andere!

Affäre

„Die Andere“ – ein polarisierendes Thema wie kein anderes. Selbst in meinem Freundeskreis ist es ein Diskussionsthema, das regelmäßig ausartet. Es ist eben kein angenehmes Thema, nicht vorzeigbar. Und doch passiert es. Immer wieder. Keiner gibt es gerne offen zu, aber rund 41 Prozent der Männer und 46 Prozent der Frauen hatten schon mal eine Affäre, die länger als einen Monat anhielt. Ich wollte nie diese Frau sein… und dann ist es eines Tages doch passiert. Plötzlich war ich die ANDERE!

Aber bevor mich jetzt gleich alle hassen – ich liebte ihn, liebe ihn noch… was es natürlich nicht zwingend besser macht. Ich merke es während ich diesen Artikel schreibe: Es gibt keine Entschuldigung dafür, dass ich Teil dieses abartigen Konstrukts war. Ich verstehe beide Seiten, das ist das Schlimme daran.

Vor Jahren habe ich auf der anderen Seite gestanden: Mein Freund – meine erste große Liebe – hat mich jahrelang betrogen und das auf so widerliche Weise, dass ich noch Jahre danach komplett geschädigt war. Ich war 18, blind vor Liebe – ich hatte nicht nur eine rosarote Brille auf! Nein, es war ein ganzer Helm! Bis ich an Silvester einen Anruf von meiner Freundin bekam: „Du Tuba, Dein Freund steht hier im Club und knutscht mit einer Anderen rum.“ Es ist als würde Dein Herz auf einmal zehn Tonnen wiegen. Alles läuft in Zeitlupe, Dein Herz rast, Du bekommst keine Luft mehr. Alles fühlt sich taub an.

Und dann war ICH irgendwann doch diese andere Frau!

Ich lag zu dem Zeitpunkt krank im Bett und bin trotzdem aufgestanden, hab mir ein Taxi geschnappt, bin in den Club gefahren und da sah ich die beiden. Ich habe regelrecht gespürt, wie mir das Blut aus dem Gesicht gewichen ist. Anschließend habe ich den ganzen Club zusammengeschrien, aber gebracht hat es mir im Endeffekt nichts. Das dieses Ereignis nur eines von duzenden anderen Vorfällen sein sollte, ahnte ich damals noch nicht. Wir waren vier Jahre lang ein Paar und in dieser Zeit hat er mit fast allen Frauen in meinen näheren Bekanntenkreis geschlafen. Sogar mit angeblich besten Freundinnen von mir, teilweise sogar ungeschützt, sodass ein Kind daraus entstanden ist. Ich wurde auf abartige Weise betrogen. Ich weiß also ganz genau, was es heißt, betrogen zu werden. Man fühlt sich hintergangen, ausgeschlossen, einfach nur bloßgestellt. Man malt sich tausend Szenarien aus, wie der Partner einen wohl betrogen haben könnte, wann und wie.. Kurz gesagt, es ist einfach fürchterlich. Ich habe diese Frauen gehasst: Wie kann man nur mit einem liierten Mann etwas anfangen? Haben diese Frauen keinen Stolz? Ich würde so etwas NIE tun!

Und dann war ICH irgendwann doch diese andere Frau! Was mich das Leben bzw. meine Erfahrungen gelehrt haben?! Niemals nie zu sagen. Das Leben ist eben nicht einfach nur schwarz oder weiß.
Warum also die Gratwanderung von einer Null-Toleranz-Politik zu einer Scheiß-auf-alles Mentalität? Diese Frage habe ich mir unzählige Male selbst gestellt. Er und ich kannten uns schon lange, Jahre bevor er seine Freundin kennenlernte. Vielleicht hatte ich deswegen das Gefühl, dass er eher zu mir gehörte als zu ihr. Und das, was ich gleich erzählen werde, will wahrscheinlich keine Frau hören, die gerade betrogen worden ist, aber ich möchte so schonungslos wie möglich sein. Nicht, um mein schlechtes Gewissen zu bereinigen, oder es irgendwie schönreden zu wollen. Ich will, dass jeder, der noch nicht in diesen Schuhen gelaufen ist, ansatzweise nachvollziehen kann, wie sich diese Seite der Medaille anfühlt. Nämlich mindestens genauso beschissen, wie jede andere Perspektive in einem solchen Konstrukt. Es ist ein Kaleidoskop an menschlichen Gefühlen. Man ist in einem Moment das gute Mädchen, das niemandem auch nur einen schlechten Gedanken wünscht, und im nächsten die Femme Fatale, die Beziehungen in Gefahr bringt. Es ist nicht schön, sich daran zu erinnern. Ich bin nicht stolz darauf.

Bis vor ein paar Jahren habe ich nie verstanden, wie es ist, auf der anderen Seite zu stehen. Doch irgendwann tat ich es und ich hasste mich dafür, zumindest solange bis wir uns wieder sahen. Ich hätte gedacht, dass es leichter sei, auf dieser Seite zu stehen. Mir war bewusst, welchen Schaden ich anrichtete, besonders im Hinblick darauf, dass auch ich unzählige Male betrogen worden bin, und doch war ich nicht in der Lage, es zu beenden. Ich war fast sogar froh, lieber auf dieser als auf der anderen, unwissenden Seite zu stehen – denn zumindest war ich eingeweiht. Ich entschuldigte mein Verhalten mit Ausreden wie: Er ist derjenige, der sich meldet. Er ist derjenige, der in einer Beziehung steckt. Er trägt damit auch die Verantwortung. Ich hingegen bin Single und muss niemandem Rechenschaft ablegen. Ja, jein, nein! Man kann es auslegen, wie man will. Im Endeffekt haben wir beschissen – er seine Freundin, ich mich selbst.

Ich war sein Kryptonit!

Für einen Moment denkst Du, Du könntest alles haben. Im nächsten löst Du Dich in nichts auf, sobald er Dich verlässt … Ich war praktisch nicht mehr anwesend, mein Herz ging einfach mit ihm. Ich bin jedes Mal in ein solches Loch gefallen, dass ich Tage gebraucht habe, um mich zu fangen. Seltsam, eigentlich hätte ich vor Glück nur so strotzen müssen, weil wir wundervolle Stunden miteinander verbracht haben. Aber der Gedanke, dass er von mir weg und zu ihr ging, hat mich jedes Mal fast zerrissen.

Ich liebte ihn… Ich liebte es, wie er mich ansah, wie er mich anfasste. Wie er mich mit all meinen Macken akzeptiert und sich nach jedem Quadratmillimeter meines Körpers verzehrt hat… Ich war sein „Kryptonit“ – so hat er mich immer genannt, wenn wir uns gesehen haben. Jedes Treffen, jeder Sex war so intensiv, wie das allererste Mal, als wir miteinander geschlafen haben. Ich wollte mich in seinen Armen verlieren, ich habe alles ausgeblendet. Ich kam nicht los von ihm … und ich hatte das Gefühl, dass auch er nicht von mir loskam. Er tauchte manchmal um drei Uhr nachts vor meiner Tür auf, nur um mich zu sehen und zu küssen. Wenn ich daran denke, bekomme ich immer noch eine Gänsehaut.

Irgendwann nahm ich mir ein Herz und tat etwas, was ich nie von mir erwartet hätte: Ich stellte ihm ein Ultimatum. Entweder sie oder ich. Ich konnte und wollte nicht mehr. Nicht mehr betrügen, lügen, die Andere sein. Ich hatte mehr verdient als das. Und auch sie hatte mehr verdient. Sie, die immer irgendwie anwesend war, auch wenn sie es tatsächlich nicht war. Ich konnte sie nicht mehr ignorieren oder darüber hinwegsehen, dass es sie gab.

Was geschah, wird nun für niemanden eine Überraschung sein: Er entschied sich dafür, seine Freundin nicht zu verlassen. Das Leben ist manchmal eine Farce. Ich fühlte mich so klein und leer und doch bereue ich kein einziges Wort, dass ich an ihn richtete. Ich habe ihm alles gesagt, was ich sagen wollte. Dinge, die ich mich nie getraut habe zu sagen. Sogar, dass ich ihn liebte (es war das erste Mal!). Danach habe ich die Affäre beendet. Ja, ich war die Andere. Ja, es war Scheiße. Ja, das alles tut mir sehr Leid und mit Sicherheit habe ich Karma-technisch einiges gut zu machen. Aber ich liebe ihn immer noch und werde es wahrscheinlich auch immer tun… Mir ist bewusst, dass es, wenn ich es nicht beendet hätte, wahrscheinlich solange weitergegangen wäre, bis seine Freundin es herausgefunden hätte. Schlussendlich habe ich mich für mich entschieden, denn mich liebe ich definitiv mehr.

Warum mit dem Krümel zufrieden geben!?

Mein Vater meinte mal zu mir:„Es gibt zwei Arten von Menschen, die Dir in Deinem Leben über den Weg laufen werden. Die einen sind eine Lehre, die anderen ein Geschenk.“ Ich habe das als junges Mädchen nicht wirklich verstanden, dafür verstehe ich es heute umso besser. Und er hatte Recht.

Wenn mich heute irgendjemand fragen würde, wie man am besten mit solch einer Situation umgehen sollte, kann ich nur eines dazu sagen: Mach es nicht. In den seltensten Fällen entscheidet sich der Mann dazu, seine Partnerin zu verlassen. Und selbst wenn, man würde doch nur unterbewusst den Tag abwarten, an dem man selbst von ihm beschissen wird, nach dem Motto: Was er mit ihr gemacht hat, wird er auch irgendwann mit mir machen. Heute weiß ich, dass ich mir für eine Affäre zu schade bin. Warum nur Krümel wollen, wenn man den ganzen Kuchen haben kann?!

 

Geschrieben von
Mehr von Tuba Frank

Und, wie viele Partner hattest Du so?

Die Anzahl der Sexualpartner. Ein furchtbares Thema. Nirgendwo gehen die Meinungen stärker...
Mehr lesen

7 Kommentare

  • Mir kommt in den Beiträgen der Aspekt zu kurz, dass es manchmal auch Gründe gibt, die eine Trennung zugunsten einer neuen Liebe verhindern, die nicht daraus resultieren, dass man nicht gerne frei wäre für eine neue Beziehung in dem Moment. Vielmehr kann es auch sein, dass es Umstände gibt, die man in ihrer Gesamtheit nicht vollständig rational erklären kann, die aber so sind, dass in dem Moment einfach (noch) nicht der richtige Zeitpunkt für eine Trennung gekommen ist. Ich zumindest habe mich schon einmal in dieser Hinsicht auf mein Gefühl verlassen.
    Man kann allerdings im Rückblick nie eindeutig sagen, ob eine Entscheidung richtig oder falsch war, da man die Zeit nicht zurückdrehen und eine andere Version durchleben kann, die vielleicht anders ausgeht, vielleicht aber auch nicht, die vielleicht besser gewesen wäre oder vielleicht sogar schlechter.
    Weiterhin kann ich aus Erfahrung sagen, dass es in meinem Leben parallel zu der zu Beginn geschilderten Situation eine Beziehungskonstellation gab, die zunächst für mich zu neuartig erschien und für deren Existenz ich in diesem Moment zudem glaubte, keine eindeutigen Anhaltspunkte zu haben. Daher fiel es mir zumindest andererseits schon einmal schwer, mich in einem bestimmten Moment auf mein Gefühl zu verlassen und ich habe es daher zunächst in dieser Situation nicht getan.
    Bei mir spielte dabei sicherlich die Tatsache eine große Rolle, dass ich meinen Verstand, der mir schon in einigen Situationen beistand und oft das Einzige war, auf das ich mich verlassen konnte, in diesem Moment nicht ausreichend ausschalten konnte.

    Daher finde ich es gut, dass in dem Artikel oben davon die Rede ist, dass beide Seiten Verständnis verdienen.

  • Hallo Tuba,

    den Anfang kann ich mir sparen, denn er ist so wie bei meinen Vorrednerinnen…
    Mit dem einzigen Unterschied, wir waren bereits zusammen, also so richtig! Ohne jemanden der als Schatten mitläuft.
    Aber ich konnte mich ihm nicht richtig hingeben, obwohl er mir jeden Wunsch von den Augen abgelesen hat!
    Dann kam Silvester, und wir haben geschrieben… und damit fing alles wieder an!
    Mittlerweile ist er seit Anfang Juni wieder mit meiner Vorgängerin zusammen! Und es zerbricht mir jedes Mal das Herz wenn er wieder fährt! Ich hab zu lange gebraucht um zu verstehen was ich an ihm habe und das er alles ist, was ich brauche um glücklich zu sein.
    Aber außer Sex… nichts!!
    Aber auch davon kommen wir nicht los!
    Für ihn ist es nur Spaß, für mich ist er meine große Liebe! Aber auch nach einem 3/4 Jahr, voller Höhen und Tiefen, kann ich nicht loslassen! Obwohl es das beste wäre! Auch für mich…
    Aber wahrscheinlich hat er mir noch nicht genug weh getan, hat noch nicht genug auf meinen Gefühlen rum getrampelt!
    Ich bin wahrscheinlich einfach noch nicht genug am Ende um ihn aufzugeben… was auch immer noch passieren muss?!

  • Wow kann nur sagen wie stark es von dir ist einen Schlußstrich zu ziehen. Ich bin seit fast zwei Jahren in dieser Situation. Jedoch haben wir beide feste Partner und Kinder und konmen trotz vieler Versuche (kompletter kontaktabbruch) nicht von einander los. Es zerfrisst mich zu wissen, das er die zeit mit ihr verbringt. Doch wenn ich nichts von ohn höre ist es noch schlimmer.

  • Hi Tuba,

    Du hast mir mit deinem Artikel “ich bin die Andere” komplett aus der Seele geschrieben.
    Bin in der gleichen Situation seit zweieinhalb Jahren. Der Unterschied zu dir ist dass wir alle drei es wissen.
    Also auch seine Frau.
    Es ist ein stetiges auf und ab.
    Aber ich komme genauso wenig von ihm los, weil ich ihn liebe.
    Besser wäre es so zu handeln wie du, bislang schaffe ich es noch nicht.
    Habe bislang einfach noch keine so intensive Partnerschaft gehabt.

    Lieber Gruß

    Irene

  • Oh man,der Artikel war nun gerade Balsam für meine Seele…!
    Auch ich war bis vor Kurzem zwei Jahre lang die “Andere”…auch ich hab das Ultimatum gestellt und zack,stehe ich ohne ihn da…
    Nur ist das noch etwas komplizierter…wir sind beide verheiratet…aber ich war mit meinem Mann von anfang an ehrlich…was das ganze aber nicht einfacher macht und auch irgendwie nicht entschuldigt…
    Aber ich bereue keine einzige Minute mit ihm…weil jede so kostbar und schön war…ich liebe diesen Mann und werde ihn vermutlich bis ans ende meiner Zeit lieben…

    Schön wäre zu wissen,ob eine Zeit kommt,in der es nicht mehr weh macht…!?Ich leide so sehr unter der Trennung…wie an jenen Wochenenden an denen er sich nicht meldete,weil die Familie zu Hause war…und ich immer wieder spührte,ich bin nur die Schattenfrau…

  • Meine liebe Tuba, der Artikel spricht mir zu 100%aus der Seele. Auch ich war mal die “andere”Frau redete mir die Situation genauso schön schob ihm den schwarzen Peter zu,ich war ja Single der schuldig war er der seine Frau betrogen belogen hat für paar schöne Stunden mit mir…Doch wie meist genügen diese kleinen heimlichkeiten eines Tages nicht mehr wenn man liebt!!!Um mir selbst einen gefallen zu tun …Wie gesagt mir…hab ich es beendet er wollte sich nicht trennen…warum auch er hatte ja alles..2jahre später war ich in einer Beziehung wo ich die Hauptperson war geliebt er war treu was will Frau mehr und er steht plötzlich vor mir und erzählt er hat sich scheiden lassen es ging nicht mehr.Für mich brach damals aus den Fugen der Mann den ich wirklich über alles geliebt habe,sich aber nicht ganz für mich entscheiden konnte war plötzlich frei…schlussendlich habe ich mich gegen eine Neuauflage entschieden denn ich hatte zu große Angst eines Tages die betrogene zu sein..Wer das einmal tut tut es immer wieder..Obwohl keiner weiß ob es immer so sein muss. ..Für meine Beziehung bin ich umgezogen in eine andere Stadt ich liebte ihn wirklich sehr um dann festzustellen er betrügt mich mit einer jüngeren. ..autsch…Seid dem stellt sich mir immer mal wieder die Frage was wäre gewesen wenn…Zum Glück weiß man das vorher nicht und man muss lernen das man wohl einiges falsch gemacht hat aber man lernt daraus auch eine Menge über sich selbst…Danke für deinen Artikel finde ich echt klasse! !!!schreib weiter so.

  • Der Bericht ist so wahr, ich kenne die andere Seite nur zu gut , war einfach bisher zu oft die andere und bin es gerade im Moment auch, solange man es trennt ist alles gut kommen Gefühle ins Spiel wirds genau so wie beschrieben , Besser hätte ich es nicht beschreiben können. Man ist die mit der er Spaß hat aber die “Freundin” hat all das was man sich selbst so sehr wünscht. So oft komme ich mir einfach nur benutzt vor, bringe es aber nicht übers Herz es zu beenden, oder verfalle in die scheiß egal Einstellung.
    Ich bin seit drei Jahren Single noch dazu aber auch Mama von zwei süßen Kindern. Die Frage die ich mir immer wieder Stelle ist.
    Gibt es überhaupt nich Männer auf der Welt die Mich als Mama lieben können , Genau so wie ich bin , so chaotisch wie mein Leben mit Kindern ist und vor allem so Unspontan wie es ist.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert