„Jana, 39, ungeküsst“: Warum Liebe & Sex im Leben von Jana Crämer keine Rolle spielen

Jana Crämer im Interview
Jana Crämer (Bild: Eckard Albrecht)

Jana Crämer ist smart, sympathisch, humorvoll und beruflich erfolgreich. Etwas unterscheidet sie dennoch von den meisten Menschen in ihrem Alter: Sie ist ungeküsst, hatte bisher keinen Sex und hat auch mit niemandem auf romantische Weise Händchen gehalten. Und obwohl sich zu verlieben ihr großer, unerfüllter Traum ist, ist sie heute im Reinen mit sich, wie sie nicht nur in ihrem Buch „Jana, 39, ungeküsst“, sondern auch im AMORELIE-Interview offenbart hat.

„Ich freue mich, wenn mich junge Menschen als Vorbild entdecken“

Jana Crämer in jüngeren Jahren
Früher wog Jana Crämer mehr – mit der Zeit hatte sie eine Essstörung entwickelt und war zudem an einer Fettverteilungsstörung (Lipödem) erkrankt (Bild: Jana Crämer privat)

Jana Crämer wurde am 13. Juni 1982 im Ruhrgebiet geboren, bevor sie nach Berlin zog und schließlich Haltern am See zu ihrer Wahlheimat erkoren hat. Noch vor wenigen Jahren wog die heute 41-Jährige 180 Kilo, dann nahm sie 100 Kilo ab und krempelte ihr Leben um. Vom Mobbingopfer wurde sie zur Mutmacherin, und so besucht sie seit 2016 im Rahmen ihrer Konzertlesereisen mit dem Musiker Batomae bundesweit bis zu 50 Schulen pro Jahr. Mit ihrem autobiografischen Roman „Das Mädchen aus der 1. Reihe“, in ihrem Podcast „Wir sind so!“ und auf ihren Social-Media-Kanälen lädt sie ihre stetig wachsende Community ein, mit ihr das Leben so zu genießen, wie es eben kommt, ohne sich von der Gesellschaft abstempeln zu lassen.

„In meinem Buch geht es an vielen Stellen um genau diese ‚Stempel‘, die man von anderen aufgedrückt bekommt. Früher hat es mich gestört, wenn ich auf dem Schulhof hinter meinem Rücken als ,Die Ungeküsste‘ bezeichnet wurde, heute wird auch noch getuschelt, aber ich empfinde es nicht mehr als Angriff, ganz im Gegenteil.

Schon vor dem Schreibprozess habe sie verstanden, dass ein Beziehungsstatus oder die Menge an sexuellen Erfahrungen nichts über den eigenen Wert aussagt. „So sehr ich mich früher dafür geschämt hatte, noch nie mit jemandem Händchen gehalten zu haben, ja, niemanden geküsst zu haben, so sehr freue ich mich heute, wenn mich besonders junge Menschen als Vorbild entdecken.“ Jana Crämer sei inzwischen froh darüber sagen zu können: „Ich bin stolz, ihnen den Druck nehmen zu können und zu vermitteln, dass man sich zu gar nichts drängen lassen muss, nur weil die Gesellschaft uns vermittelt, dass es ab einem gewissen – leider immer früheren – Alter so sein müsste.“

Liebe und Sexualität spielen in ihrem Leben keine Rolle: „Ich habe einen anderen Fokus“

(Bild: Jana Crämer)

Wenn sie nicht gerade in Interviews oder Nachrichten darauf angesprochen wird, seien Themen wie Liebe oder sexuelle Begegnungen nicht existent. „Ich habe einen anderen Fokus. Ich liebe meine Arbeit als Autorin, genieße die vielen Auftritte mit der Konzert-Lesung an Schulen, dazu die jährlichen Touren durch ganz Deutschland, bei denen ich Arbeit und mich nach Feierabend mit Freunden zu treffen auf wundervollste Art verbinden kann. Und wenn ich freihabe, genieße ich es umso mehr, auch mal allein sein zu können.“ Zwischen Einsamkeit und gerne alleine zu sein, gibt es schließlich einen Unterschied. „Diese seltene Me-Time ist unbeschreiblich wertvoll für mich.“

Jana Crämer: „Es mangelt nicht an Einladungen zu Dates“

Jana glaube zwar an die Liebe, sei aber selbst nicht aktiv auf der Suche. „Es mangelt ja auch nicht an Einladungen zu Dates, es ist einfach nur so, dass ich nicht daran interessiert bin, diese anzunehmen. Wenn es aber doch passiert, dass ich mal jemanden nicht nur attraktiv, sondern anziehend finde und die Zeit mit der Person mehr genießen würde, als allein oder mit Freund*innen zu sein, wäre ich natürlich dabei.“

Täglich erreichen Jana einige Tausend Nachrichten und inzwischen kommt sie nicht mehr dazu, alle zu lesen, geschweige denn zu beantworten. „Aber wenn ich mir die Zeit nehmen kann, bin ich immer wieder sehr gerührt, wie sehr sich meine Community öffnet. Viele beschreiben ihre Gedanken rund um Beziehungen oder vielmehr den Druck von außen, wenn man keine führt. Ich finde es sehr schade, dass es in unserer Gesellschaft viel akzeptierter ist, unglücklich in einer Beziehung zu stecken, als glücklich ohne Beziehung zu sein. Ab dem Moment wird gnadenlos auf Fehlersuche gegangen, das ist doch schade.“

„Jana, 39, ungeküsst“

(Bild: Knaur) ISBN: 978-3-426-79174-5, 15,00 €

„Jana, 39, ungeküsst“ ist ein bewegendes und mutmachendes Buch, mit dem sie uns auf eine sehr private Reise nimmt. Von dem isolierten Mobbingopfer auf dem Schulhof, das unter Essstörungen, Bodyshaming und Selbsthass leidet, zu der Frau, der heute Millionen Menschen in den sozialen Netzwerken begeistert zuhören, wenn sie sagt: „Ich bin Jana, 39, ungeküsst und trotzdem glücklich. Wenn ich es geschafft habe, dann schaffst Du das auch.“ Ein Buch für alle, die sich allein in einem vollen Raum fühlen. Die sich schämen aufgrund ihrer Konfektionsgröße, weil sie ohne Partner sind, oder weil sie aus anderen Gründen der angeblichen Norm nicht entsprechen.

 

 

 

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