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Ally sein: Was bedeutet das?

3 Juni 2024,

von

Vielfalt ist so alt wie der Urknall – Menschen leben und lieben in allen Farben, Formen und Konstellationen, seit es sie gibt. Doch auch im Jahr 2024 ist diese Diversität nicht immer sichtbar: Mitglieder der LGBTQIA+ Community müssen sich und ihre Liebe leider immer noch zu oft verstecken, weil ihnen ansonsten Ausgrenzung, Diskriminierung oder gar körperliche Gewalt droht. Das muss sich ändern! Wir wünschen uns eine bunte Zukunft, in der alle sicher, offen und frei leben und lieben dürfen. Doch das ist nur möglich, wenn nicht betroffene Menschen zu Allys werden und sich laut und öffentlich solidarisieren! Auch Du kannst Dich auf verschiedenste Weisen für die Gleichberechtigung von LGBTQIA+ Personen einsetzen: Wir zeigen Dir, wie Du aktiv werden und in Deinem Alltag einen Unterschied machen kannst, was eine*n gute*n Ally ausmacht und wie Du gemeinsam mit AMORELIE die LGBTQIA+ Community unterstützt.

Inhalt


Das ist ein*e Ally

First things first: Was bedeutet das Wort „Ally“ überhaupt? Übersetzen lässt sich der Begriff am treffendsten mit „Verbündete*r“. Ein*e Ally verbündet sich mit einer marginalisierten Personengruppe und setzt sich für deren Belange ein, ohne jedoch selbst Teil dieser Gruppe zu sein und dieselbe Diskriminierung zu erfahren. Allys haben in dieser Hinsicht Privilegien: Ihnen wird beispielsweise mehr zugehört oder sie haben mehr Kapazitäten und Ressourcen. Sie nutzen diese Vorteile aktiv, um sich für Betroffene starkzumachen.

Wann immer Diskriminierung stattfindet – zum Beispiel aufgrund von ethnischer Zugehörigkeit, Herkunft, Religion, Behinderung, Geschlecht oder sexueller Orientierung – ist es wichtig, dass nicht nur Betroffene sich zur Wehr setzen und gegenseitig stützen, sondern auch privilegierte Menschen für sie einstehen und ihnen einen Teil der Last abnehmen.

Im Folgenden zeigen wir, wie Allyship für die LGBTQIA+ Community konkret aussehen kann, allerdings lassen sich viele grundsätzliche Dinge auch auf Allyship mit anderen marginalisierten Gruppen übertragen. In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, zu verstehen, dass Diskriminierung oftmals vielschichtig ist und Menschen auch mehrfach marginalisiert werden können, beispielsweise aufgrund ihrer Hautfarbe und ihres Geschlechts.

Deshalb ist es wichtig Ally zu sein

”Aber gleichgeschlechtliche Paare haben doch heute dieselben Rechte wie alle und dürfen heiraten und mit dem Selbstbestimmungsgesetz dürfen trans* Personen ihre Identität doch auch frei wählen? Weshalb brauchen sie immer noch meine Unterstützung?”


Na ja, es geht ja nicht nur ums Heiraten oder den Vornamen auf dem Pass. Gleichgeschlechtliche Paare haben in anderen Belangen immer noch nicht dieselben Rechte wie Hetero-Paare. Beispielsweise erhalten bei einer Familie mit gleichgeschlechtlichen Eltern nicht beide Elternteile die rechtliche Elternschaft, sondern nur die Person, die an der Zeugung beteiligt ist. Der andere Elternteil kann das Kind lediglich adoptieren. Und auch wenn es für trans* Personen ab November 2024 einfacher wird, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen im Personenstandsregister zu ändern, bedeutet das noch längst nicht, dass ihre Identität auch im Alltag anerkannt wird.

Natürlich hat Diskriminierung eine juristische Ebene, Gesetzesänderungen alleine reichen jedoch nicht, um Gleichberechtigung zu erzielen. Personen der LGBTQIA+ erleben diskriminierendes Verhalten nicht nur auf dem Papier, beispielsweise in amtlichen Dokumenten, sondern überall im Alltag: auf der Arbeit, im Supermarkt, beim Familientreffen.

Die Gewalt gegen LGBTQIA+ nimmt wieder zu

Und leider erleben sie diese Anfeindungen auch immer häufiger. Queerfeindlich motivierte Gewalttaten nehmen wieder zu. 16 % der Befragten gaben in der Mitte-Studie (eine Erhebung zu rechtsextremen Einstellungen in der deutschen Gesellschaft) an, sich zu ekeln, „wenn Homosexuelle sich küssen“. Das sind doppelt so viele, wie noch zwei Jahre zuvor. Immer wieder fordert körperliche Gewalt gegen LGBTQIA+ Personen Opfer, beispielsweise bei der tragischen Tötung des trans Manns Malte C. am Christopher Street Day 2022 in Münster.

Die Welt ist immer noch kein sicherer Ort für Personen, die nicht heterosexuell oder cisgender sind. Und um das zu ändern, ist die Unterstützung von Allys nötig, die sichere Räume (mit)schaffen und ihre Stimme für die Unterdrückten erheben. Denn auch wenn den Debatten rund um LGBTQIA+ vorgeworfen wird, sie würden zu laut und nur von einer kleinen Minderheit geführt: Dieser Diskurs wird oft gar nicht von den Betroffenen selbst geprägt, sondern von hetzerischen, offen queerfeindlichen Stimmen, die bewusst Panik schüren und Falschinformationen verbreiten, um Stimmung zu machen.

Sich diesen Diskriminierungen immer wieder zu stellen, sich entweder wehren oder verstecken zu müssen, ist Energie zehrend und emotional belastend. Umso wichtiger ist es, dass privilegierte Menschen ihre Ressourcen nutzen, Betroffenen ihre Arbeit abnehmen und ihnen auch mal den Rücken freihalten.

Das kannst Du konkret tun als Ally

”Ally is a verb not a noun”


Wenn Du Dich als Verbündete*r der LGBTQIA+ Community einsetzen willst, lass auch wirklich Taten sprechen und werde aktiv. Es reicht nicht, Dich einfach als Ally zu bezeichnen, wenn es Dir gerade passt und Du dafür Zuspruch erhältst. Allyship aktiv ausleben kannst Du auf verschiedene Arten. Manchmal ist ein lautes öffentliches Zeichen nötig, manchmal sind es kleine Gesten im Alltag. Es ist wichtig, nach Außen aktiv zu sein und laut zu werden, aber auch Deine Arbeit (an Dir selbst) im Stillen trägt zu einem Unterschied bei.

Höre zu und lerne

Setze Dich mit der Lebensrealität von queeren Personen auseinander. Für nicht betroffene Personen gibt es viele blinde Flecken und oft fehlt das Bewusstsein dafür, wie und wo überall Diskriminierung stattfindet. Deshalb ist es wichtig, dass Du Dich aktiv mit dem Erleben von LGBTQIA+ Personen befasst: Höre zu, wenn Menschen über ihre Erfahrungen sprechen und nimm sie und ihre Gefühle ernst. Wenn Dir jemand von einer verletzenden Situation erzählt, erkläre der betroffenen Person nicht, „dass das Ganze bestimmt nicht so gemeint war und nicht so schlimm ist“, sondern zeige Dein Mitgefühl und validiere ihre Gefühle, statt sie kleinzureden. Im Interview mit queeren AMORELIE Mitarbeitenden erfährst Du mehr darüber, was sie sich konkret von Allys wünschen.

Zeit für eine Geschichtsstunde

Um die heutigen Probleme zu verstehen, hilft es, die Vergangenheit zu kennen. Informiere Dich also über die Geschichte der LGBTQIA+ Community, beispielsweise über die Stonewall-Aufstände, die HIV-/AIDS-Krise in den 80er Jahren, aber auch über aktuelle Themen wie beispielsweise die Debatte um Pubertätsblocker und Hormontherapien für trans* Jugendliche.

Finde die richtigen Worte

Mach Dich vertraut mit Begrifflichkeiten rund um LGBTQIA+, lerne, was sich hinter ihnen versteckt und auch, welche Ausdrücke nicht mehr zeitgemäß sind und Du nicht mehr verwenden solltest. Was heißt „non-binär“? Weshalb sprechen wir nicht mehr von „Geschlechtsumwandlungen“ sondern von „Geschlechtsangleichung“? Dazu gehört auch, dass Du Dich mit genderneutraler und inklusiver Sprache und Neo-Pronomen befasst und verstehst, weshalb die korrekte Verwendung so wichtig für trans* Menschen ist.

Ally: Schild mit Pronomen
(Bild: Alexander Grey/Unsplash)

Quellen gibt es überall

Du kannst Dich auf verschiedene Arten weiterbilden und Dich mit dem Thema LGBTQIA+ auseinanderzusetzen, auch auf eine unterhaltsame Weise. Es gibt eine ganze Reihe Sachbücher, Biografien, Podcasts, Serien, Filme, Dokumentationen und sogar Reality-TV zum Thema und im Internet und auf Social Media findest Du zahlreiche queere Content Creators, die Aufklärungsarbeit leisten. Versuche aber, nicht nur Gratiscontent zu konsumieren, sondern aktivistische LGBTQIA+ Personen auch finanziell zu unterstützen und sie für ihre Arbeit zu bezahlen.

Kurse und Infoveranstaltungen

Du musst Dir das Wissen nicht ganz alleine aneignen: Es gibt verschiedene Kurse, Schulungen oder Informationsveranstaltungen zum Thema Inklusion und Allyship. Diese kannst Du auch mit Freund*innen besuchen. Vielleicht haben Deine Arbeitskolleg*innen ebenfalls Interesse an einem solchen Workshop oder einer Schulung mit Fachpersonal und ihr könnt den Wunsch im Unternehmen anbringen.

Sei selbstkritisch

Wenn Du Dich zu diesen Themen bildest, wirst Du früher oder später damit konfrontiert, dass Du Dich nicht immer wie ein*e perfekte*r Ally verhalten hast. Du wirst eigene Vorurteile und Stereotypen entdecken und Ausdrucksweisen oder Verhaltensweisen von Dir erkennen, die diskriminierend sind. Du wirst Dich wahrscheinlich für einige Witze schämen, die Du leichtsinnig gerissen hast oder für Ausdrücke, die Du verwendet hast. Die intuitive Reaktion darauf ist bei vielen Menschen, in die Abwehr zu gehen und sich der Selbstkonfrontation zu entziehen. „Aber damals war ja noch eine andere Zeit, das hat man halt so gesagt“, ist beispielsweise eine gängige Reaktion. Klar, das Bewusstsein für Diskriminierung war früher weniger vorhanden. Schmerzhaft war die Erfahrung in dem Moment für Betroffene aber trotzdem. Gestehe Dir ein, dass Dein Handeln verletzend war, auch wenn es nicht böswillig und schlicht aus Unwissen geschehen ist.

Du lernst nie aus

Lass Dich von Deiner Scham aber bitte nicht davon abbringen, Ally zu sein: Akzeptiere, dass Du Dich nicht immer korrekt verhalten hast und das wohl auch in Zukunft nicht tun wirst. Wir alle sind in einer Welt aufgewachsen, in der Queerfeindlichkeit lange normalisiert war (und immer noch ist). Es braucht Zeit, sich davon zu lösen und zu lernen. Kaum jemand wird von Dir erwarten, dass Du Dich von heute auf morgen perfekt verhältst. Der Diskurs um LGBTQIA+ Themen ist lebendig und in stetigem Wandel. Dadurch entstehen immer wieder neue Begrifflichkeiten oder aktuelle werden kritisch hinterfragt, beispielsweise um Geschlechtsidentitäten oder sexuelle Ausrichtungen noch präziser zu beschreiben. Wir alle lernen immer wieder Neues, selbst Mitglieder der LGBTQIA+ Community.

Wenn Du auf problematische Verhaltensweisen oder Aussagen aufmerksam gemacht wirst, entschuldige Dich dafür, ohne Dich zu rechtfertigen. Bedanke Dich für den Hinweis und lerne daraus, damit Du es beim nächsten Mal besser machen kannst. Zeige Dich lernbereit, denn so signalisierst Du Dein Interesse und Deinen Respekt. Fortschritt ist nur möglich, wenn wir Fehler eingestehen und sie als Chance nutzen, um uns zu verbessern

Ally: LGBTQ-Demo
(Bild: Christian Lue/Unsplash)

Werde aktiv und laut

Dich zu bilden ist ein wichtiger Teil Deiner Allyship – doch noch wichtiger ist es, Dein Wissen anzuwenden und im richtigen Moment wie ein*e Ally zu handeln. Nutze Deine Privilegien und Deine Stimme bewusst. Leider ist es so, dass heterosexuelle cis Personen bei LGBTQIA+ Themen oft eher auf andere cis Heteros hören anstatt auf Betroffene. Mach Dir das zunutze und kläre die Personen in Deinem Umfeld auf. Teile mit ihnen, was Du gelernt hast, mache sie auf aktuelle Diskurse oder Ereignisse aufmerksam, aber sprich sie auch direkt darauf an, wenn sie sich diskriminierend verhalten oder problematische Äußerungen tätigen. Besonders im Beisein von LGBTQIA+ Personen signalisiert Du so Deine Unterstützung und nimmst der betroffenen Person eine Last ab und sie muss sich nicht in dieser belastenden Situation auch noch selbst verteidigen. 

Zivilcourage zeigen

Wenn Du Situationen beobachtest, in denen Personen queerfeindlich angegriffen werden, schreite ein, zumindest soweit es Dir möglich ist. Wenn Du bemerkst, dass jemand verbal belästigt wird, begib Dich zum Opfer, schirme die Angreifenden wenn möglich ab, indem Du Dich dazwischen stellst und starte ein Gespräch mit dem Opfer. Biete Deine Hilfe an und versuche, den Täter*innen dabei keine Aufmerksamkeit zu schenken. Vielleicht kannst Du Dich und das Opfer sogar langsam physisch aus der Situation bewegen. Biete den Angegriffenen an, dass Du sie noch ein Stück begleitest, und erkundige Dich, ob Du sonst helfen kannst. Falls das Opfer den Angriff anzeigen möchte, tauscht Nummern aus und biete Dich für eine Aussage als bezeugende Person an.

Gerade bei sehr brenzligen Situationen, die körperlich zu werden drohen, solltest Du versuchen, weitere Personen zu mobilisieren. Hol Dir, wann immer es geht, Hilfe, damit Du Dich nicht selber gefährden musst: Je mehr Leute sich auf die Seite des Opfers stellen, desto einfacher könnt ihr die angreifende Person gemeinsam in Schach halten.

Schärfe Deine Wahrnehmung

Versuche, die Augen und Ohren offenzuhalten. Vielleicht kannst Du solche Übergriffe sogar abwenden, bevor sie eskalieren. Du beobachtest, dass spätabends ein gleichgeschlechtliches Paar in den Zug einsteigt? Setze Dich bewusst in ihre Nähe, damit sie nicht alleine sind und Du sie notfalls schnell unterstützen kannst, sollten sie angegangen werden. Aber sei Dir dabei Deiner Wirkung bewusst, sodass Du nicht fälschlicherweise als Bedrohung wahrgenommen wirst.

Setze ein Zeichen

Das sind natürlich Worst-Case-Szenarien. Selbstverständlich kannst Du Deine Solidarität aber auch sonst zeigen. Beispielsweise indem Du Dich politisch engagierst, Du wählen gehst und an Demonstrationen teilnimmst. Und damit ist nicht gemeint, dass Du Dich einmal im Jahr für den CSD verkleidest, Dir Glitzer ins Gesicht schmeißt und dort Party machst. Manchmal helfen bereits kleine Dinge im Alltag oder symbolische Gesten, um Deine queeren Mitmenschen zu unterstützen. Setze ein Zeichen, beispielsweise indem Du mit einem Erkennungszeichen signalisiert, dass Du ein*e Ally bist. Mit unserem AMORELIE »Big Bang« T-Shirt kannst Du zum Beispiel öffentlich zeigen, dass Du ein Safe Space bist und die LGBTQIA+ Community unterstützt. Mit dem Kauf unterstützt Du außerdem die Kölner Organisation „anyway“, die sich für Jugendliche aus der LGBTQIA+ Community einsetzt. Unterstütze ganz generell queere Organisationen und Unternehmen mit Spenden oder Deinem Einkauf und informiere Dich, wie Du unabhängige LGBTQIA+ Personen finanziell supporten kannst, beispielsweise queere Künstler*innen, Creators oder Design-Brands.

Einige hilfreiche Grundsätze

Es ist nicht immer einfach, sich in Situationen korrekt zu verhalten. Wie zeigst Du Deine Solidarität, ohne daraus eine Ego-Show zu machen? Wie signalisierst Du einer LGBTQIA+ Person mit, dass Du Dich für ihre Anliegen interessierst, ohne sie nur auf ihre Queerness zu reduzieren? Sich wie ein*e gute*r Ally zu verhalten, kann ab und zu eine Gratwanderung sein. Manchmal hilft es dabei, sich kurz einige wichtige Grundsätze zu Allyship vor Augen zu führen, wenn Du nicht weißt, wie Du Dich am besten verhältst. Und ganz grundsätzlich gilt, wie immer: Du darfst Unsicherheiten haben und diese auch kommunizieren. Wichtig ist, wie Du dies tust und mit welcher Erwartungshaltung Du an LGBTQIA+ Personen herantrittst.

Es geht nicht um Dich

Ein*e Ally ist selbstlos und setzt sich nicht für andere ein, um sich zu profilieren. Wenn Du von einer LGBTQIA+ Person auf Fehlverhalten hingewiesen wirst, akzeptiere das und mach kein großes Trara daraus. Denn das kann dazu führen, dass der*die Betroffene sich plötzlich schuldig fühlt, für die eigenen Bedürfnisse eingestanden zu sein und sich verpflichtet sieht, Dich zu trösten oder beruhigen und so quasi Deine Last auf sich bürdet.

Vertraue auch nicht blind Deiner persönlichen Einschätzung zu queeren Themen. Bevor Du nach Deinem eigenen Ermessen in einer Situation handelst, nimm die queere Perspektive ein. Ein Beispiel: Du vermutest, dass Deine beste Freundin lesbisch ist und willst sie darauf ansprechen, um ihr Deine Unterstützung zu zeigen? Das ist nett gemeint, aber dennoch solltest Du sie nicht zu einem Coming-out zwingen und warten, bis sie selber bereit ist, mit Dir darüber zu sprechen. Du kannst Deine Allyship auch demonstrieren, ohne sie direkt zu konfrontieren und zu etwas zu drängen.

Erkenne die Lebensrealitäten an

Die LGBTQIA+ sind tagtäglich Diskriminierung und der Gefahr von Gewalt ausgesetzt. Sie werden unterdrückt, queere Menschen werden abwechslungsweise zu Witzfiguren gemacht, instrumentalisiert, fetischisiert, ihnen wird das Recht auf Selbstbestimmung aberkannt, sie werden attackiert, verstoßen, inhaftiert, verprügelt und schlimmstenfalls ermordet. Klar, ist nicht jedes Mitglied der LGBTQIA+ Community all diesen Gefahren gleichermaßen ausgesetzt, aber dennoch können queere Personen nicht nach Belieben offen leben und müssen sich immer wieder verstecken. Das ist unschön und unangenehm zu hören. Dies so deutlich zu sagen, mag in Dir Unbehagen auslösen, aber es nützt niemandem etwas, wenn Du diese Realität ausblendest oder schönredest, nur weil es angenehmer (für Dich) ist. Um die Zukunft für LGBTQIA+ Menschen zu verändern, musst Du ihre Gegenwart verstehen, auch wenn sie unbequem ist.

Eigne Dir nicht blind LGBTQIA+ Kultur an

„Slaaaaaay Queen“ ist nicht einfach eine lustige Punchline der Gen Z, sondern ein Ausdruck aus der Ballroom Culture, einer LGBTQIA+ Subkultur, die vor allem afro- und lateinamerikanisch geprägt ist. Natürlich ist es toll, wenn queere Kultur sich in der Mitte der Gesellschaft wiederfindet und zelebriert wird. Andererseits hat das Ganze schnell einen faden Beigeschmack, wenn sich nicht betroffene Menschen an einer Kultur bedienen, ohne die damit verbundene Diskriminierungserfahrung zu machen. Es scheint nicht fair, dass eine weiße Influencerin für ihre „ikonischen“ Ausrufe gefeiert wird, nachdem aber schwarze Dragqueens jahrelang für genau dieselben Ausdrücke belächelt wurden, oder? Versuche, Dich mehr damit auseinanderzusetzen, woher Slangwörter und Trends kommen, sie nicht einfach blind zu übernehmen und Minderheiten Credits dafür zu geben.

Erwarte nicht, dass LGBTQIA+ Personen unbezahlte Aufklärung für Dich betreiben

Dein schwuler Arbeitskollege ist nicht Dein persönliches Lexikon, das Dir rund um die Uhr zu allen Fragen zur Verfügung steht. Frage nichts, was Du einfach googeln kannst. Natürlich darfst Du Interesse zeigen oder nach Meinungen und Ansichten fragen. Das Ganze ist auch immer eine Frage der Herangehensweise. Frage vorher nach, ob die Person Kapazitäten und Lust hat, mit Dir über ein Thema zu sprechen und akzeptiere ein mögliches Nein – ohne es persönlich zu nehmen und beleidigt zu sein. Aber möglicherweise freut sich die Person ja auch über Dein Interesse und teilt gerne ihre Ansichten und daraus entwickelt sich ein schönes Gespräch. Du darfst das aber nicht einfach erwarten.

Allyship ist Arbeit und Arbeit ist manchmal eben hart

Wie bereits angedeutet, wird es für Dich als Ally Situationen geben, die nicht angenehm sind. Sei es, weil Du mit eigenem Fehlverhalten konfrontiert wirst oder weil Du andere Personen darauf ansprechen musst. Es reicht nicht, einen Regenbogen-Pin zu tragen und mal an eine Drag-Show zu gehen, um ein*e gute*r Ally zu sein. Wenn es so einfach und bequem wäre, einen gesellschaftlichen Wandel hervorzurufen, würden unterdrückte Menschen ja auch keine Allys benötigen.

Diskriminierung hat viele Facetten

Nicht jede LGBTQIA+ Person erlebt dieselben Formen von Diskriminierung. Einerseits ist die Community keine homogene (hehe) Menschenmasse mit identischen Ansichten und Wahrnehmungen, andererseits werden die Lebensrealitäten von Menschen von verschiedenen Faktoren geprägt. Eine schwarze trans Frau erlebt andere Diskriminierungsformen als ein weißer, schwuler Mann. Bisexuelle Personen in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung können ihre Liebe weniger öffentlich ausleben als bisexuelle Personen in einer Beziehung, die (äußerlich) der Heteronorm entspricht. Sei Dir bewusst: Je mehr eine Person von gesellschaftlichen Konventionen abweicht, desto mehr Ausgrenzung wird sie erfahren.

Auch LGBTQIA+ Personen können sich wie ein Ally verhalten

Apropos: Auch queere Personen können sich wie ein*e Ally verhalten. Natürlich sollten nicht primär LGBTQIA+ Personen Allyship-Arbeit übernehmen, aber auch innerhalb der Community haben unterschiedliche Personen unterschiedliche Privilegien. Homosexuelle cis Personen können sich ebenfalls für trans* Personen einsetzen; bi- oder pansexuelle Menschen, die als heterosexuell gelesen werden, erhalten mehr Gehör bei heterosexuellen Menschen und können sich dies zunutze machen. Diskriminierung und Privilegien stehen in einem komplexen Zusammenspiel und jeder Mensch sollte sich immer wieder fragen, inwiefern er Vorteile genießt und diese nutzen kann. Nur so kommen wir gemeinsam einer bunten, vielfältigen und sicheren Welt näher, in der sich niemand verstecken muss.

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