Ring, ring … Telefonsex ist safe!

Telefonsex ist safe - besonders in Zeiten von Corona

»All the things we wanna do«… So heißt unsere Liste. Also die von mir und meinem neuen Freund. Vor kurzem stand dort noch Picknick, Theater, Tretboot fahren …  Jetzt steht dort nur noch gestrichen, gestrichen, gestrichen. »All the things we cannot do« müsste sie jetzt eigentlich heißen. Oder »I hate you, Corona«. Auch Vorbeikommen, Chillen und Sex ist gestrichen. Safe ist safe. Während ich so darüber nachdachte, was gerade eigentlich überhaupt noch safe ist, kam mir ein Artikel in den Sinn, der schon eine Weile auf meinem Texte-Friedhof lag. Er wurde nie fertig, weil ich glaubte, das Thema sei nicht besonders aktuell. Meine Meinung hat sich geändert. Telefonsex – er könnte ein Revival erleben. Genau wie dieser Artikel…

Mein erstes Mal: Telefonzelle

Mein erstes Telefonsex-Erlebnis war mit 13. Zusammen mit 5 Klassenkameraden stand ich in der großen Pause eingepfercht in einer dieser gelben Telefonzellen, die es damals noch gab, und wählte eine dieser schmuddeligen Nummern, die es heute noch gibt: 0800-Sex-Mal-die-Sex. Eine Männerstimme meldete sich und fragte lasziv nach meinem Namen. »Ute!«, sagte ich, wir lachten und legten auf.

Heute finde ich Telefonsex-Hotlines genauso lustig wie vor 20 Jahren. Auch, wenn man es nicht vermutet, es gibt sie (noch) wie Sand am Meer. Stehst Du auf »gierige Russinnen«? – Hotline. Stehst Du auf »devote Dienerinnen«? – Hotline. Stehst Du auf »behaarte Gays«? – Hotline. Es gibt Hotlines für jeden Fetisch und jede Fantasie. Und mit Fantasie hat Telefonsex wirklich viel zu tun. Denn wenn nicht gerade eine vorgefertigte Bandaufnahme abgespielt wird, dann spielt zumindest die Person am anderen Ende der Leitung die sexuellen Handlungen und die Erregung bloß vor. Und die Fantasie macht es real genug, um die Lust zu befriedigen.

Mein zweites Mal: Finca

Mein zweites Telefonsex-Erlebnis war mit 28 – und diesmal wählte ich keine Nummer, die man nachts im Fernsehen empfohlen bekommt. Ich hatte bereits seit einigen Tagen den Großstadtsommer gegen Strandsommer in Süditalien eingetauscht, als mich mein neuer Lover von zu Hause aus anrief. Wir hatten uns schon eine Woche lang nicht gesehen. Die Tage waren heiß gewesen und auch die Stimmung war inzwischen ziemlich aufgeheizt …

    »Na, was machste?«, fragte er.
       – »Ich habe gerade geduscht … und jetzt liege ich auf dem Bett.«
    »Nackt?«
       – »Ja.«
    »Hmm … heiß!«

Und es wurde noch heißer. Und zwar so heiß, dass wir es am nächsten Tag wieder machten. Und am Tag darauf noch mal. Und langsam begriff ich, dass Telefonsex eine ganz andere Nummer ist als »echter« Sex. Es ist nicht zwangsläufig eine schlechte Alternative. Es hat seine eigenen Vorteile und bringt einen ganz neuen Reiz ins Sexleben.

Warum ich Telefonsex gut finde

Man kann die wildesten Fantasien aussprechen

Es ist doch so, Kopfkino-Sex läuft ganz anders ab als echter Sex. Während man sich im echten Leben beim vaginalen und analen Sex sanft zur wilden Nummer vorfühlen muss, kann es in der Fantasie direkt und unverkrampft zur Sache gehen. In einem erotischen Tagtraum treffen sich Blicke, Klamotten werden vom Leib gerissen und ehe man sich versieht, wird schon wild und leidenschaftlich gen Morgengrauen geritten. Kein »Autsch!«. Kein »Warte!«. Kein »Raus, bitte!«. Und weil Telefonsex Kopfkino-Sex ist, gibt es keinen Schmerz und keinen Krampf. Nur Fantasie und ein spielend leichtes, sexuelles Dahinsegeln. Gleichzeitig können sexuelle Wünsche ausgesprochen werden, für die man im wahren Leben zu schüchtern oder zu sensibel ist. Etwas an den Haaren ziehen? Eine kleine Ohrfeige? Den Po lecken? Telefonsex macht es ziemlich einfach.

Telefonsex ist Safer Sex

Beim Sex gibt es Dinge, die sollte man nicht sagen, weil sie einfach abturnend sind. Dann gibt es Dinge, die muss man sagen, obwohl sie einfach abturnend sind – für viele zumindest: »Ich hol mal eben ein Kondom«. Man ist in Fahrt und bevor es richtig losgeht, wird man auch schon wieder aus dem Moment gerissen. Aber ohne geht es manchmal eben nicht – es sei denn man hat Telefonsex. Denn da darf man so spicy Sex haben wie man will. Kondome braucht hier niemand und er darf sogar dahin kommen, wohin beide es wollen. Und das ist ziemlich hot. 

Man kann kacke aussehen

Ein Szenario das so oder so ähnlich jeder kennt: Letzte Nacht war großartig. Marina und Sebastian sind zusammengezogen und haben Einweihung gefeiert – und zwar ordentlich. »Du siehst aber gut aus«, haben alle gesagt. Am nächsten Morgen sagt das Spiegelbild etwas völlig anderes: »Du siehst kacke aus«. Die Haare könnten die Caption tragen »Ist das Kunst oder kann das weg«, beide Augenlider hängen seitlich an den Wangen herunter und aus den Augen ist jegliches Leben gewichen. Das einzige, das jetzt noch quicklebendig weiterfeiert, ist die Libido. Last Man Standing. Aber jetzt seinen Lover für einen Booty Call anrufen? Undenkbar – einen zweiten Blick in den Spiegel traut man sich heute schließlich selbst nicht. Einzige Möglichkeit: Telefonsex. Es ist die einzige Sorte Sex, bei der es wirklich egal ist, ob man trotz mehrfacher Mundspülung noch eine Fahne hat oder man mit löchrigem Abi-Shirt und alten Thai-Curry-Flecken aussieht als hätte man seit einiger Zeit kein zu Hause mehr. Denn nie-mand sieht’s.

Wie geht Telefonsex?

Die Dirty Talk-Variante

Die Dirty Talk-Variante ist sozusagen kommentierter Kopfkino-Sex. Hier wird gemeinsam ein heißes Szenario fantasiert, indem abwechselnd die Geschichte vorangetrieben wird. Erotisches Ping-Pong spielen sozusagen. »Ich ziehe Dein T-Shirt aus und küsse Deinen Hals.« – »Meine Hände gleiten Deinen Rücken hinunter und ich ziehe Dich näher zu mir«. Die Erzählart kann dabei variieren: »Ich fänd’s geil, wenn Du Dich vor mir auf einen Stuhl setzt und anfängst Dich zu berühren«. Dabei legen natürlich beide Hand an. 

 The Stöhn-Variante

Für die, die es komisch finden zu sprechen, kann es auch die Stöhn-Variente sein. Hierbei masturbieren beide gleichzeitig und hören einander einfach nur beim Stöhnen und Atmen zu. Besonders heiß: Schafft man es, gleichzeitig zum Höhepunkt zu kommen. Das kann genauso aufregend sein wie die Dirty Talk-Variante.

Telefonsex mit Extra-Kick

2020 wäre nicht 2020, gäbe es nicht kleine Goodies, die Telefonsex noch aufregender machen würden. Es gibt verschiedene Vibratoren für Männer und Frauen, die via App gesteuert werden können. Wer hat Lust die Kontrolle über seinen Orgasmus abzugeben?

Viele Beziehungen werden gerade zwangsläufig zu Fernbeziehungen. Wir müssen auf vieles verzichten, aber wir müssen nicht auf alles verzichten. Etwas Spaß bleibt uns – und den brauchen wir jetzt auch.

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Mehr von Daniel Z.

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