„… Ich möchte ein Teil der Gesellschaft sein und mit mir im Reinen leben können.“

Im Gespräch mit Trans*Person Alina Maria, 36.
Interview mit Alina Maria, 36.

Der Transgender Day of Visibilty soll jährlich am 31. März den Kampf von trans* und gendernonkonformen Menschen für mehr Selbstbestimmung und gesellschaftliche Akzeptanz würdigen. Ebenso soll darauf aufmerksam gemacht werden, was gesellschaftlich und politisch in unserem Land und weltweit noch getan werden muss, um gleiche Rechte für trans*Personen zu erreichen.

Wir haben mit der Trans*Person Alina Maria (36 Jahre) gesprochen und gefragt, was sie sich konkret von der Gesellschaft wünscht.

 

AMORELIE: Wann hast Du gemerkt, dass Deine Identität nicht mit dem Geschlecht übereinstimmt, mit dem Du geboren wurdest?

Alina Maria: Schon in der Grundschule, in der Pubertät manifestiert sich dieser Gedanke, im Erwachsenenalter (30) wurde es ein unerträglicher Zustand.

Wie war Dein Weg zu dieser Erkenntnis?

Eigentlich hat mich schlussendlich eine Frau, die ich damals gedated habe – ich habe mich sehr angestrengt und versucht, mich meinem angeborenen Geschlecht anzupassen – mit den Worten: „Du bist kein Mann!” darauf gebracht, den Weg in mein richtiges Geschlecht zu gehen! Heute bin ich noch sehr gut mit ihr befreundet. Der Weg war sehr anstrengend, schmerzhaft und Erkenntnisreich. Dafür bin ich sehr dankbar.

Jetzt erklärt sich einiges!

Wie ist Dein Umfeld mit Deinem Weg und Deinen Entscheidungen umgegangen?

Die einen so, die anderen so. Manche haben gesagt: „Endlich sagst du es mal!“ Andere sagten: „Jetzt erklärt sich einiges!“ Mit dem Rest (unter anderem meine Eltern) habe ich keinen Kontakt mehr.

Gab es einen besonderen Schlüsselmoment auf Deinem Weg? 

Ja … Ich habe mich in meinem anderen Geschlecht ausprobiert (Kleidung/ Make-up/ Perücke) und angefangen, mich mit Männern zu treffen. Dabei spürte ich zum ersten Mal diese Hochgefühle des Verliebtseins, wovon mir Freunde und Bekannte nur berichteten.

Hattest Du bereits eine hormonelle Behandlung und/oder geschlechtsangleichende Operation(en)? Wenn ja, wie war Dein erstes Gefühl danach?

Ja… Hormone seit 2017, Geschlechtsangleichende OP sowie Brustvergrößerung. Ich überlege auch noch, Dinge in meinem Gesicht anpassen zu lassen. Das erste Gefühl war: „Aua … wer hat dir denn da mit einem Baseballschläger zwischen die Beine geschlagen?“ Das andere Gefühl, was man auch als Schlüsselmoment einordnen könnte, war Tage später auf der Rückreise, als ich in einem ruhigen Moment in mich reinhörte und das allererste Mal in meinem Leben keinen Konflikt mit mir selbst spürte.

Wo fühlst Du Dich sicher?

Zu Hause, bei der Arbeit und in meinem alltäglichen Umfeld.

Ich habe das Gefühl, sehr oft bzw. sehr schnell in eine Art Rechtsfertigungsposition gedrängt zu werden.

Welche Challenges durchlebst Du, privat oder im Liebes-/Sexleben?

Es ist schwierig, Männer zu treffen, weil sie entweder mit der Situation überfordert sind oder es nur mal probieren möchten, Geschlechtsverkehr mit einer TransFrau zu haben. Man ist immer der Gefahr ausgesetzt, auf Intoleranz zu stoßen (auch wenn es weniger wurde in den vergangenen Jahren). Ich habe das Gefühl, sehr oft bzw. sehr schnell in eine Art Rechtsfertigungsposition gedrängt zu werden.

Haben Dir Sextoys dabei helfen können, Deine Sexualität neu zu erforschen?

Ja, ich hatte einen AMORELIE Adventskalender 😉

Was wünschst Du Dir von der Gesellschaft?

Etwas offener und vorurteilsfrei allen Menschen gegenüberzutreten, egal ob Cis oder andere Geschlechtsidentität und/oder Sexualität! Wir tun keinem etwas Böses, wir haben nichts Ansteckendes, ich möchte keine Aufmerksamkeit oder im Mittelpunkt stehen, sondern nur ein Teil der Gesellschaft sein und mit mir im Reinen leben können.

Meine Geschichte ist MEINE Geschichte … die Transidentität ist ein Kapitel davon … aber das Buch meines Lebens hat sehr viele Seiten, die ich frei füllen möchte! Es hat viele, gar unendliche Facetten und die möchte ich noch entdecken!

Liegt Dir noch etwas auf dem Herzen, das Du gerne mit uns teilen möchtest?

Eine Geschlechtsidentität hat nicht ausschließlich mit Sexualität zu tun! Das Geschlecht ist ein Anteil der gesamten Identität eines Menschen … Danach kommt die Sexualität, danach sämtliche Eigenschaften, die einen als Person ausmachen. Schlussendlich bin ich ein Mensch wie jeder Andere, der Respekt verdient, Respekt gibt und nicht abgewertet werden möchte (Ja, das passiert auch heutzutage noch sehr oft und tut genauso weh wie beim ersten Mal). Meine Geschichte ist MEINE Geschichte … die Transidentität ist ein Kapitel davon … aber das Buch meines Lebens hat sehr viele Seiten, die ich frei füllen möchte! Es hat viele, gar unendliche Facetten und die möchte ich noch entdecken!

Danke für die Chance das teilen zu dürfen 🫶🏻

Geschrieben von
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