Stichfeste Argumente für Gleichberechtigungs-Fans und alle, die es werden wollen
Neulich ich zu einem Mann: „Bist du Feminist?“
Er lachend: „Um Feminist zu sein, fehlen mir zwei Brüste und ‘ne Mumu.“
Stimmt das? Abgesehen vom schlimmen Wort Mumu klingt dieser Satz in meinen Ohren ungefähr so: „Um Pazifist zu sein, muss ich Krieg am eigenen Leib erlebt haben.“ Manche Männer und Frauen reiben sich am Begriff Feminismus, weil das Wort den Fokus auf Frauen legt (femina = Frau auf Lateinisch) und so den Anschein erwecken kann, diese Weltanschauung richte sich lediglich an Frauen oder idealisiere sie sogar, als seien sie die besseren Menschen oder Opfer, die es endlich zu retten gälte. Beides ist natürlich Bullshit! Worum geht es dann? Darum: Frauen sind Menschen. Sie sollten also die gleichen Rechte genießen wie Männer und dieselbe Verantwortung für private und gesellschaftliche Pflichten übernehmen (dürfen) wie Menschen mit Penis. Es geht um Gleichstellung, Gleichberechtigung – und den endgültigen Abschied vom viel zu lange währenden Patriarchat. Es geht nicht um Gleichmacherei, sondern um Vielfalt! Leider gibt es noch nicht das Wort „Gleichberechtigungsionist“, hört sich auch albern an. Vielleicht könnten sich dennoch mehr Menschen damit einverstanden erklären und von Herzen rufen: „Klar bin ich…!“ oder mit einem schmunzelnden Achselzucken antworten: „Wer ist heutzutage denn nicht …?“
Was heißt es denn eigentlich, Feminist oder Feministin zu sein? Die amerikanische Frauenrechtlerin und Journalistin Gloria Steinem definiert Feminismus ebenso schlicht wie ergreifend:
Ein Feminist ist jeder, der die Gleichheit und Menschlichkeit von Frauen und Männern anerkennt.
Von sekundären oder primären Geschlechtsmerkmalen keine Rede. Fangen die Probleme mit dieser auf biologischen Merkmalen beruhenden Unterscheidung nicht grade erst an? Sollten Körperteile – oder gar die Hautfarbe? – soziale, politische und wirtschaftliche Fragen entscheiden? Wie kann es sein, dass eine ZDF-Fußballkommentatorin auch im 21. Jahrhundert pünktlich zur EM einen Macho-Shitstorm in den sozialen Medien auslöst? „Dürfen“ Männer sich gar nicht Feminist nennen, selbst wenn sie wollten, weil sie dann dem eigenen Geschlecht in den Rücken fallen? Willkommen im Geschlechterkampf.
Gloria Steinems Definition von Feminismus wirkt. Ein Freund kommentierte meinen Facebook Post mit Steinems Zitat so: „Bis vor einem Jahr wusste ich das nicht. Danke fürs Teilen – hoffentlich realisiert mindestens eine andere Person durch diesen Post, dass sie Feminist ist.“ Mir ging das Herz auf! Genau diese revolutionäre Erkenntnis war mein frommer Wunsch beim Posten gewesen. Für jüngere Generationen ist „Emanze“ längst ein Schimpfwort, gleichbedeutend mit „dominant“, „untervögelt“, „behaart“, „schwierig“, aufsässig“ und darum natürlich für Männer absolut unattraktiv. Ein existenzvernichtendes Urteil für werdende Frauen, die noch keine Souveränität im Umgang mit ihrer Weiblichkeit gefunden haben. Schon der Klang des Wortes „Emanze“ ist hart, angestaubt, hässlich, obwohl wir Emanzipation prinzipiell gut finden. „Feministin“ klingt zumindest feminin, schüchtert aber offenbar trotzdem ein. Wie können wir Feminismus so sexy vermarkten, dass er die Aufmerksamkeit bekommt, die er verdient? „Female Empowerment“ scheint das Keyword zu sein, das den Spagat zwischen Lifestyle und Ideologie schafft. Ein tolles Wort, ein wichtiges Wort. Es richtet sich an beide Geschlechter, aber erinnert daran, wen und was es zu stärken gilt: Frauenrechte und damit die Gleichberechtigung. „He for She“ („er für sie“) heißt die weltweite Solidaritätsbewegung für Gleichberechtigung der UN. Die Vereinten Nationen rufen Männer dazu auf, sich als „Agenten der Veränderung“ für die Gleichstellung zu engagieren. Den Männern wird dadurch nichts weggenommen. Im Gegenteil!
Das beste Argument für Nicht-Feministen, Menschen, die sich nicht im Klaren sind, ob sie Feministen sind und die, die es werden wollen:
Feministen haben den besseren Sex!
Ja, Du hast richtig gelesen. Dieser vom ZEITmagazin gefeierte (von männlichen Autoren wohlgemerkt!), durch amerikanische und norwegische Studien belegte Fun Fact des Feminismus überzeugt die letzten Zweifler. Laut dieser Studien gewinnen wir alle in gleichberechtigt lebenden Gesellschaften: Auch Männer genießen mehr Lebensqualität, wenn sie eine gleichberechtigte Beziehung führen; weil sie dann nicht allein verantwortlich für das Einkommen sind (= weniger Druck) und weil sie eine selbstbewusste, ausgeglichenere Partnerin an ihrer Seite haben, mit der sie das Zusammenleben – und natürlich auch das Liebesleben – kreativ und frei von Rollenklischees gestalten können (= mehr Lebensfreude). Gleichstellung bedeutet eben auch sexuelle Gleichberechtigung. In einer feministischen Welt lernen Frauen, sich mit ihren sexuellen Bedürfnissen auseinanderzusetzen und deren Befriedigung ohne Scham einzufordern, offen darüber zu sprechen, was sie brauchen und was sie sich wünschen, z.B. ein längeres Vorspiel oder einen Orgasmus beim Geschlechtsverkehr. Frauen, die sich ihrer Bedürfnisse und Vorlieben, ihrer Stärken und Schwächen bewusst sind, sind eben genau das: selbst-bewusster. Sie haben gelernt, ihren Körper nicht nur zu akzeptieren, sondern ihn mit all seinen Eigenheiten zu lieben, und übernehmen Verantwortung für ihre Lust. All dies fördert eine kreative Gestaltung des Sexlebens. Männer können und sollten ihre Partnerin und alle anderen Frauen dabei unterstützen – ihr Einsatz wird in vielerlei Hinsicht belohnt werden. Allein die Frage „Was wünschst Du Dir?“ hilft. Uns verbindet mehr, als uns trennt. Und wer zusammenhält, ist stärker. Und wer immer noch zweifelt: Frag eine Freundin/Bekannte/Kollegin, von der Du weißt, dass sie Feministin ist, warum. Einfach so. Vielleicht wird sie mit Gloria Steinems Worten antworten:
Stell Dir vor, wir wären verbunden statt klassifiziert.