Eine Geschichte von Nova Niedermeyer
(Autorin beim Erotikblog Mimi&Käthe)
Kurz vor halb sieben am Abend. Ich dachte an Sex, als ich ihm geschrieben hatte, dass ich wieder zurück in unseren Heimathafen kommen würde. Das hat doch etwas zu sagen, flüsterte eine Stimme in mir. Ich kam zurück nach Hamburg – wegen eines Jobs bei einem Frauenmagazin.
Toni hatte mir angeboten, vorerst bei ihm zu bleiben, und ich nahm dieses Angebot dankend an. So lange, bis du etwas gefunden hast, trällerte er ins Telefon und ich spürte bereits das vertraute Kribbeln zwischen meinen Beinen. Sehnsucht und das Gefühl, das unsere Freundschaft belebt hatte, als wir noch zusammen studiert hatten. „Ich bin um 19 Uhr bei dir“, schrieb ich, als der Zug in den Bahnhof einfuhr.
Es war Freitagabend. Schon damals hatten wir uns oft freitagabends getroffen, um zusammen zu lernen oder unseren Beste-Freunde-Kram zu machen: gegenseitiges Anschmachten und liebevoll-heiße Flirts, die wir gerade noch so unter Freundschaft verbuchen konnten. Viertel vor sieben. Sexspielzeug in meiner Handtasche, roter Lippenstift auf meinen Lippen. Ich stand vor seiner Tür und klingelte. „Tina“, sagte er mit rauer Stimme, als er die Tür öffnete. Toni nahm mich in den Arm und hielt mich so lange, dass ich glaubte, er würde mich nicht mehr loslassen. Während wir umschlungen in seinem Flur standen, zog er mich zu sich in seine Wohnung.
Toni ließ mir Zeit anzukommen, fragte mich nicht, obwohl er wusste, dass ich mich von Eric getrennt hatte. Seine Zurückhaltung gefiel mir.
Halb acht – Er führte mich ins Esszimmer und begrüßte mich mit einem Dinner. Da saßen wir nun. Er erfolgreicher Manager einer Plattenfirma, und ich als aufsteigende Sex-Journalistin eines großen Frauenmagazins. Es war beinahe wie früher, nur dass die Spannung heute intensiver zu spüren war. Ich presste meine Beine zusammen, als ich mich an den Tisch setzte. Schließlich begann ich zu reden, um meine Aufregung zu überspielen. Ich sprach über den neuen Job und das nostalgische Gefühl, wieder im Norden zu sein. Ich redete über den ersten Tag in der Redaktion vor einer Woche und darüber, wie sehr ich das Studium mit ihm vermisste. Wie sehr ich ihn vermisste … „Was erwarten die von dir so?“, fragte er und holte Schnaps, um anzustoßen.
„Die Ausrichtung ist sehr interessant“, sagte ich, leicht angetrunken. Tonis Blick traf auf meinen und ich stellte mir vor, wie es wäre, ihn zu küssen. Es wäre mehr als ein Kuss, mehr als eine einzige Berührung. Das Verlangen war groß und über die Jahre gewachsen. Jetzt waren wir hier, ich könnte ihn küssen und ich würde mich von ihm verführen lassen. Könnte, würde, wäre … Wenn es um Toni ging, war der Konjunktiv mein Freund. Sex war ausgeschlossen, denn unsere Freundschaft war uns zu wichtig, als dass wir sie mit Sex riskieren würden. Zuvor hatten unsere Beziehungen uns davon abgehalten, übereinander herzufallen. Nun war es etwas anderes. „Sie wollen, dass ich über Sextoys schreibe.“ Mein beschwipster Zustand brachte mich dazu, ihm alles zu erzählen. Jedes Sexgeheimnis, das in meinen wilden Fantasien schlummerte. Und: den großen Toytest, den ich für das Magazin schreiben sollte.
„Sextoys?“ Er grinste. „Du sollst Sextoys ausprobieren?“
Er tat, als wüsste er nichts von meiner Spielzeugsammlung. „Ja“, flüsterte ich und errötete. Stille. Er sah mich mit diesem feurigen Blick an, der mich schon damals wahnsinnig gemacht hatte. In seinen Augen erkannte ich Leidenschaft. Ein Blick, wie der eines Mannes, der seine Herzdame im nächsten Moment ungehemmt aufs Bett wirft, um Unvernünftiges mit ihr anzustellen. Manchmal stellte ich mir vor, wie er aussehen würde, wenn wir Sex hätten und er zum Höhepunkt käme. Ich dachte oft an ihn, wenn ich masturbierte.
Ich kam wieder ins Jetzt zurück. Toni trank einen Schluck Bier. „Willst du, dass ich dir dabei behilflich bin?“, flüsterte er so leise, dass ich es kaum verstand. Ich zuckte vor Verlangen zusammen und spürte, wie es feucht zwischen meinen Beinen wurde. Toni hatte schon damals Unglaubliches mit mir und meinem Körper angestellt – dafür musste er mich nicht einmal anrühren.
„Was? Du willst …?“ Wie ernst meinte er es? „Hast du die Sextoys mitgebracht?“ „Klar.“ „Gut.“ Er sprach langsam und geduldig, als hätten wir alle Zeit der Welt. „Wollen wir uns damit nicht vergnügen?“ Toni schien es ernst zu meinen. Ich begann zu erzittern, als ich daran dachte, wie es wohl wäre, würde nicht ich, sondern er den Vibrator an mir ausprobieren. „Zu zweit ist es vielleicht intensiver. Dann freut sich der Hersteller wegen des guten Testberichts.“, scherzte er.
„Meinst du das ernst?“ Ich schlug meine Beine übereinander. Das Gefühl zwischen meinen Schenkeln ließ mich verrückt werden und Toni merkte das, als ich mir auf die Unterlippe biss. „Klar“, meinte er locker. „Was meinst du?“ Er richtete sich auf und sah mir direkt in die Augen. Ich entzog mich seinem Blick und nahm noch einen Schluck Bier. Themenwechsel, forderte die aufgeregte Tina in mir. „Was ist eigentlich mit Nelly?“ Nelly, seine Ex. Ich ahnte, sie hatten sich getrennt, aber wir hatten nie darüber geredet. „Nelly.“ Er seufzte kopfschüttelnd. „Kurz: Sie ist wegen einem Job fort und wir haben uns aus den Augen verloren.“
„Oh.“ Ich versuchte mitzufühlen, doch es gelang mir nicht. „Im Prinzip die gleiche Nummer, die du auch jetzt mit Eric abziehst“, sagte er und ließ es wie einen Scherz klingen. Er leerte sein Glas und rückte näher. Aufregung bahnte sich an und wurde von Lust ersetzt, als sich seine Hand auf meinen Schenkel legte. Er betastete die warme Stelle zwischen meinen Beinen und ich wusste, er würde alsbald die Nässe durch meine Nylonstrumpfhose fühlen.
„Eric und ich hatten uns vor meinem Jobangebot in Hamburg getrennt“, sagte ich mit unsicherem Ton. „Die Trennung hat schon vor Jahren angefangen. Eigentlich doch schon, als du und ich uns kennengelernt haben“, fügte ich versehentlich hinzu. „Was?“ Er lächelte und blinzelte, als wäre es etwas Überraschendes. Der Alkohol in mir sprach das aus, was wir ohnehin wussten.
Kurz nach neun – Wir hatten uns betrunken und über alte Zeiten gesprochen. Dann landeten wir auf seiner Couch und schauten uns stundenlang in die Augen. Mehr nicht. Wir fielen nicht übereinander her, bewahrten altvertraute Distanz und spürten dieses verführerische Knistern. „Du spielst mit dem Feuer“, wisperte er und ich wusste, er hatte recht. Es wäre ein Fehler, ihm weiterhin in die Augen zu sehen, und doch war es zu unwiderstehlich, als dass ich aufhören könnte. Seine Hand verirrte sich unter mein Kleid und er fühlte, wie feucht ich zwischen meinen Beinen war. In seinen Augen funkelte die Leidenschaft, und als könnte ich Gedanken lesen, wusste ich, dass dies der richtige Moment für einen Kuss war. Doch wir küssten uns nicht.
Ich unterbrach unser zärtliches Blicke-Austauschen und beschloss, schlafen zu gehen. Es war zu risikoreich, weiter mit ihm zu flirten. „Ich denke, ich gehe jetzt lieber ins Bett. Ist das für dich okay?“, fragte ich und er sah mir tief in die Augen. Seine Hand legte sich auf meinen Schenkel und ich erzitterte unter seiner Berührung. Es passierte nichts zwischen uns, denn ich stand auf und ging ohne Toni ins Gästezimmer, wo ich letztlich in wilde Träume versank.
Kurz nach zwei Uhr – Stöhnend erschrak ich aus meinen Träumen und glaubte beinahe, einen Orgasmus zu bekommen. Ich lag allein im Bett und fühlte, wie nass mein Slip war. Ich hatte einen Sextraum. Allmählich beruhigte sich mein Atem und ich spielte mit dem Gedanken, Toni in seinem Schlafzimmer zu besuchen. Es wäre zu schön, nun einige Regeln zu brechen und unvernünftig Verbotenes mit ihm in seinem Bett anzustellen. Ich kramte noch schnell den Vibrator aus meiner Tasche, stand auf und zog meinen Slip aus. Leise tappte ich in Tonis Schlafzimmer. Aufgeregt begab ich mich in sein Bett und setzte mich auf seinen Körper. Davon wurde er wach. Wegen des Mondlichts, das durch das Fenster spähte, erkannte ich das Lächeln auf seinem Gesicht. „Ich dachte, du kannst auch nicht schlafen“, flüsterte ich und fuhr ihm zärtlich durchs Haar, als stünden wir im Schutz der Dunkelheit und alles wäre erlaubt.
„Gehört das immer noch zum Vorspiel?“, fragte er und berührte meine Schultern hinab zu meiner Taille.
Unter mir spürte ich seine Erektion, die sich gegen meine Schamlippen drückte. Instinktiv rieb ich meinen Spalt an seinem Schritt. Toni streifte sein Shirt ab. Mondlicht schimmerte auf seinem nackten Oberkörper und ich biss mir unbewusst auf die Unterlippe. Ich stöhnte, als er mich an sich heranzog, doch ich löste mich von ihm. Das war nicht vernünftig, wusste ich, wie ich auch wusste, dass wir lange genug vernünftig gewesen waren. Es war genug, nichts sollte uns mehr davon abhalten, übereinander herzufallen.
Mein Herz schlug schnell, als ich ihm den Vibrator gab. Toni zwinkerte mir zu. „Entspann dich“, wisperte er und ließ seine Hand über meine Brüste wandern. Unter meinen Po legte er ein Kissen und seine Finger berührten meine Scham. Er stöhnte kurz und begann, die zarte Haut meines Spalts mit dem Vibrator zu streicheln. Sein Blick lag auf mir – er drückte den On-Schalter und massierte nebenher die Innenseiten meiner Schenkel. Augenblicklich errötete ich vor Geilheit und spürte, wie nass mich seine Berührung machte. Dann führte er den Vibrator an meine Klitoris. Es machte mich verrückt und war so viel intensiver, als ich es mir vorgestellt hatte.
Er betrachtete mich und meine Reaktionen in dem Wissen, dass eine einzige, weitere Berührung von ihm reichen würde, um mich zum Orgasmus kommen zu lassen. Doch er ließ sich Zeit, wollte mehr von mir sehen und hören. Ich griff in Tonis Boxershorts und umfasste seinen Schwanz. Er schloss die Augen und öffnete sie wieder, als würde er verpassen, etwas von mir zu sehen. Ich wand mich unter der Vibration, die der Vibrator auf meiner Klitoris tat, und wollte mehr in mir spüren. Tonis Penis war, wie ich ihn mir vorgestellt hatte, und ich wollte ihn tief in mir fühlen. Spüren, wie sein Saft sich in mir ergoss. Bald würde es so weit sein und unser erstes Vorspiel würde zu etwas Größerem werden: harter, leidenschaftlicher Sex. Ein Vorspiel könnte mehr als das Rumknutschen vorm Sex sein – über Blicke, Berührungen und gekonntes Flirten, das über Jahre andauern könnte. Und jetzt war es Zeit für unseren Hauptakt.
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„Sie spürte wieder dieses unersättliche Verlangen, das tief in ihrem Inneren entstand und sich dann wie Elektrizität im ganzen Körper ausbreitete, hinunter bis in die Zehenspitzen und hinauf bis in die Haarwurzeln strömte. „Ja, bitte“, flüsterte sie und ohne Zögern drückte ihr die Frau die Lippen auf den Mund. Wie weich sie waren, wie feucht und warm. In Elises Mund schienen eine Million Nervenenden zusammenzulaufen. Die Fremde biss leicht in ihre Unterlippe und saugte daran, küsste sie leidenschaftlich und strich mit der Zunge sanft ihre Lippen entlang.“ Miss Chaudri – Erika Lust